Sonntag, der Morgen begrüßte uns mit leichtem Regen, der auf den Campingbus trommelte. Ich dachte an die vergangenen Tage. Super Wetter am Tag eins auf der Zugspitze mit einer Fernsicht von 120 km. Zweiter Tag mit tollem warmen Wetter am Schaffhauser Rheinfall und dann noch ein Tag mit grauem, aber trockenen Wetter in Konstanz. Was wollten wir mehr? Heute ist der Heimreisetag mit Stopp in Senden, der Lost Place “Alte Weberei” wir das lange Wochenende beenden. Nicht ahnend wie schnell …
Los geht`s zum Lost Place
Unsere fahrbaren Behausungen waren nach einem gemütlichen Frühstück schnell startklar und die Adresse zum Lost Place war im Navi schon eingegeben. So verabschiedeten wir uns vom Bodensee und machten uns auf nach Senden. Ein Parkplatz für Campingbus und Wohnwagengespann war schnell in der Nähe vom Lost Place gefunden. Unser Lost Place Equipment war bereits in den Rucksäcken verstaut. Noch mal ein Check, ob wir alles dabei ist und schon gingen wir brav nach der Beschreibung zum bewussten Zaun.
Den Einstieg fanden wir sehr schnell, doch wo ging es in die große Halle? Erster Versuch scheiterte an einer undurchdringlichen Stahltür. Es folgte ein weiterer Versuch, der uns in einen Keller führte. Hatten wir nun den Einstieg gefunden? Nach kurzer Inspektion der Räumlichkeiten war klar, dass wir von hier nicht in die bewusste große Halle gelangen. Ich drehte mich um, und es kam, auf was man nie gefasst ist!
Ich stand als letzte im Dunkeln, dort unten im nassen Keller. Meine beiden Begleiter zuckten zusammen und zogen ihren Kopf ruckartig ein. Ein riesen Knall, als ob etwas explodiert war, lies die beiden zusammenfahren. Was war passiert? Sie drehten sich um und sahen … mich auf dem Boden knien. Ich rappelte mich auf, sagte nur “lasst mich sofort vorbei” und lief nach draußen. Sie blickten mir nach, schauten zurück und entdeckten eine deutliche Spur. Eine Glasröhre oder was dort an der Wand einmal befestigt war, lag in Einzelteilen auf dem nassen Kellerboden. Oh Gott, von dort führte eine Blutspur mir nach.
Schnell eilten Sie mir nach. Meine Schwester hat den lauten Knall draußen auch gehört und erwartete mich schon. Ihr Blick erfasst, die kleine Schwester ist verletzt! Die beiden anderen waren bereits auch schon da. Ich wurde auf einen Rucksack gesetzt, damit ich nicht so tief fall, wenn ich bewusstlos werden sollte. Ich blickte von dort unten in drei besorgte Gesichter, von den zwei gleich sagten, “wir fahren ins Krankenhaus Notaufnahme”. Aus meinem Rucksack wurde mein Erste Hilfe Paket herausgeholt. Mein verletzter Finger wurde bestmöglichst verbunden. Alle waren wohl von dem heftigen Schnitt schockiert. Ich war in diesem Moment noch gedanklich damit beschäftigt, was dort unten im Keller mit mir passiert war. Es ging einfach zu schnell. Ich stand, wollte mich drehen und schon flogen meine beiden Füße nach oben, zertrümmerten einen Glaskolben oder Glasröhre. Das war der riesen Knall gewesen. Ich landetet, nach den Schmerzen wohl hauptsächlich auf meinem rechten Knie.
Meine drei Begleiter waren sehr um mich besorgt. Ihre Gesichter waren von schockiert, verängstigt bis hin zu sehr nachdenklich. Nachdem ich mehrmals gesagt hatte, ich bin ansonsten o. k., wurde ich auf meine beiden Beine gestellt. Gestützt von einer stark mitleitenden Begleiterin, liefen wir alle zurück auf die Straße. Bei diesem kurzen Weg stellte ich mich die Frage, wer hier die Verletzte ist? Sollte nicht ich eigentlich so durch den Wind sein? Ich muss sagen, ich war gerührt und es lenkte mich echt ab.
Lost Place ade
Zum Auto war es ein Stückchen zu laufen. Warum sollte ich hier warten, bis einer ein Auto hergeholt hatte, ich habe mir doch meine Beine nicht verletzt! Oder doch? Also, schnell noch die Hosenbeine hochkrempeln und … es war nichts rotes zu sehen. Doch ein echt heftiger blauer Fleck am rechten Knie. Autsch, den werde ich die nächsten Tage spüren. Mit meiner Begleiterin, die meinen linken Arm fest im Griff hatte, liefen wir weiter Richtung Auto. Meine anderen beide Begleiter blieben hinter mir, doch sie sprachen kein Wort und der Abstand zu uns wurde immer größer. Ein Blick über die Schulter zeigte, beide waren in ihre Handys vertieft und suchten das nächste Krankenhaus.
Das nächste Ziel stand fest!
Unsere Fahrt ging nach Ulm, die Notaufnahme der Universitätsklinik am Eselsberg sollte unser nächstes Ziel sein. Meine Schwester und ich fuhren den beiden anderen hinterher, denn im Wohnwagengespann war das Navi. Mir wurde das Alleinige navigieren dort hin nicht zugetraut. Was für ein Vertrauen in meinen Gesundheitszustand! OK, es ist ja richtig, denn wenn ich doch zusammenklappe, kann ich nicht mehr sagen, wo es hingehen soll.
Je näher wir unserem Ziel kamen, je interessanter wurden die Verkehrsschilder. Blutspendezentrum, nein, mein Blut könnte ja verunreinigt sein durch Bakterien oder einem Lost Place Virus. Wer weiß was ich mir da eingefangen habe. Das wissenschaftliche Zentrum wollte ich bei einer Statistik über Unfälle von Geocachern auch nicht unterstützen. Wer weiß, was die alles mit mir dort anstellen.
Im Parkhaus der Universitätsklinik konnte weder mit Wohnwagen noch mit unserem VW-Camper geparkt werden, zu breit, zu lang und zu hoch! Also blockierten wir hier mal kurz die Einfahrt und ich zog mir schnell meine dreckigen und nassen Bergstiefel und meine total nasse Outdoorhose aus. Mit einer sauberen Jogginghose und sauberen Turnschuhen lief ich dann zur Notaufnahme und lies die beiden Fahrzeugführer mit ihren Parkproblemen zurück.
Der freundliche Wegweiser
Mit meiner tapferen Begleiterin lief ich in das Krankenhausgebäude. Der Mann hinter der Informationstheke erfasste mit einem fernen Blick meine Verletzung und zeigte gleich in die Richtung zur Notaufnahme. “Ende vom Gang rechts in den Fahrstuhl und runter in die Etage Eins”. Unsere Beine führten uns also ohne Umwege direkt zur Notaufnahme. Noch vor dem Fahrstuhl frage ich mich, wie ich in die Etage Eins nach unten fahren kann, wenn ich mich im Erdgeschoss befinde. Das widersprach meiner Logik. Ich konnte mir keine Antwort geben, denn ich wurde von meiner Begleiterin unterbrochen. Sie machte sich wirklich Sorgen um meinen Zustand. “Wie fühlst du dich? Geht es wirklich mit dem Laufen? Geht es mit den Schmerzen?” Die letzte Frage lies mich in mich hören und fühlen. Hatte ich Schmerzen? Hmmm, wenn ich ehrlich bin, nein. Bin ich noch im Schockzustand, dass ich keinen Schmerz spürte?
Notaufnahme in Deutschland: Krankenkassenkarte abgeben, dafür erhält man ein blaues Formular, dass man ausfüllen soll. Gut, das ich meine rechte Hand verletzt hatte und ich mit rechts schreibe. Doch zum Glück habe ich ja eine ganz liebe und führsorgliche Begleiterin bei mir, die mir das Formular ausfüllte. Nun heißt es wieder warten, damit ich mein Formular los werde und ich dann noch mal warten kann, bis ich untersucht und behandelt werde. In der Zwischenzeit sind die beiden Fahrer eingetroffen. Nach einem kurzen Gespräch schickte ich zwei meiner Begleiter heim, was sollen die ihren Sonntag hier im Krankenhaus rumsitzen und warten.
Der interessante Informationsaushang und die faszinierende Instrumente
Wir beiden Zurückbleibende warteten nun, bis ich endlich aufgerufen werde. Wir beobachteten wer, und wie die Leute aus der Notausnahme kommen und lesen die Informationsaushänge. “Pager, bei längeren Wartezeiten können Sie einen Pager bekommen. Fragen Sie hier am Schalter.” Was? Ich stellte mir das bildlich vor: Ein Schwerverletzter holt sich einen Pager, schwankt dann in die Krankenhauskantine umher und wartet bei Kaffee und Kuchen auf das Piep-Piep. Ich muss grinsen!
Ich benötigte zum Glück keinen Pager und kam endlich dran. “Usinn bitte in Kabine 6.” O. k., ich machte mich auf den Weg durch die Milchglastür, lief an einem im Bett liegenden mit schmerzverzerrtem Gesicht vorbei, einer Frau mit blutverschmiertem Kopfverband und einem Jungen, der mit Tränen in seinem Gesicht seinen Arm festhielt. Dann war zum Glück die Kabine 6 erreicht und ich wurde von einem groß gewachsenem Arzt, Assistenzarzt und einer Krankenschwester empfangen. Nach kurzer Schilderung, was mir passiert ist, wurde mein provisorischer Verband aufgeschnitten. “Das ist aber eine vorbildliche Notversorgung!” meinte der behandelnde Arzt.
Nach einem “Fingerstreichel-Test” und einem Fingerhakeln-Krafttest mit dem Arzt, schaute er in die blutenden Tiefen meines Schnitts. Ergebnis: “Sie haben echt Glück gehabt, keine Sehne, Nerv oder Muskel wurden getroffen. Es ist nur ein oberflächiger Schnitt. Ich betäube den Finger und dann nähen wir ihn zu.” Puh, echt Schwein gehabt! Beim Nähen, das ich trotz Betäubung schmerzhaft spürte, fragte ich den Arzt, warum mir gerade so warm wird. Er erklärte irgendwas von einer Ausschüttung … ein medizinischer Begriff, den ich mir nicht merken konnte. Dann meinte er noch, bevor sie mir wegkippen, sagen sie bitte rechtzeitig stopp und legen sich dann auf die Liege. Doch mein Blick war von der Wunde, dem Faden und der wie ein Angelhaken aussehenden Nadel gefesselt. Fasziniert schaute ich ihm beim Nähen zu. Immer wieder blickte er mich an und grinste.
Es soll ja Menschen geben, die kein Blut sehen können und bei einem kleinsten Tropfen Blut aus den Latschen kippen. Zu diesen gehöre ich nun sicher nicht, denn ich habe tapfer alles beobachtet. Die Neugierde war also stärker als der Drang nach schlafen. Noch einmal Abtupfen und der Arzt meinte dann nur noch mit einem Grinsen: “So, damit es richtig heftig aussieht, machen wir ihnen noch eine Schiene dran.” Was, der ist doch nicht gebrochen? Doch die Erklärung kam gleich hinterher. Und der Arzt verabschiedete sich mit “gute Besserung und weiter viel Spaß mit ihrem spannenden Hobby”. Er kannte Geocaching und im Nachhinein habe ich die Vermutung, ich wurde nicht von einem Muggelarzt, sondern von einem Geocacher-Arzt behandelt.
Meine nächste Station war ein “Werkraum” der Schwestern. Ich erblickte ein Gerät, das einer Flex sehr ähnlich war. Der Schraubstock hinter mir und auch der riesen Hammer mir gegenüber sowie die anderen heftig wirkenden Gerätschaften lösten bei mir ein Gefühl aus, das mich an meinen früheren Handwerksberuf erinnerte. Ihr glaubt es nicht, hier fühlte ich mich viel wohler als in den Behandlungsraum zuvor! Mit einer Schiene und einem schicken weißen Verband um meine Finger verließ ich die Notaufnahme und konnten endlich heimfahren.
Fazit
Ich kann jedem nur empfehlen, nie alleine Lost Place oder Klettercaches zu machen. Denn wenn etwas passiert, ist man auf eine zweite Person angewiesen, die entsprechend reagieren kann. Und nehmt bei solchen Caches immer ein Erste-Hilfe-Set mit. Die gibt es für wenig Geld, nehmen zwar etwas Platz im Rucksack weg, doch hat man bei einem Unfall das Wichtigste dabei. Mein Erste-Hilfe-Set hat sich bei diesem Lost Place als sehr hilfreich bewiesen. Obwohl ich dieses schon so häufig mit mir rumgetragen habe und alle sich immer wieder fragen, was ich alles in meinem Rucksack habe. Ich weiß nun, was und warum vollgestopfte Rucksack mir wichtig ist!
Ich wünsche trotzdem jedem Cacher, dass er dieses oder ähnliches nie erleben wird und immer viel Spaß und Freude beim Geocaching hat. Bei mir ist nun eine Zwangspause von Lost Place und den T5-Caches angesagt, doch in meiner Homezone habe ich ja noch den ein oder anderen leichten Multi und Tradi noch zu suchen. Die nächsten Tage nutze ich den Brotstreich-Service, Fahrdienst und Sekretärsdienste von allen aus, die in meiner Nähe sind!
Und wer meint, der Lost Place “Alte Weberei” ist für uns Geschichte, der irrt sich gewaltig. Wir kommen wieder, versprochen!
Was noch zur Geocaching-Ausrüstung gehört, haben wir in einer Ausrüstung-Liste zusammengestellt.